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Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge zwischen Staaten und internationalen Organisationen oder zwischen internationalen Organisationen - Anhang

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  • I. Bildung des Schiedsgerichts oder der Vergleichskommission

    (1) Der Generalsekretär der Vereinten Nationen erstellt und führt ein Verzeichnis qualifizierter Juristen, aus dem die Parteien einer Streitigkeit die Personen wählen können, die ein Schiedsgericht beziehungsweise eine Vergleichskommission bilden sollen. Zu diesem Zweck werden jeder Staat, der Mitglied der Vereinten Nationen ist, und jede Vertragspartei dieses Übereinkommens ersucht, zwei Personen zu ernennen; die Namen der so Ernannten bilden das Verzeichnis, das in Abschrift dem Präsidenten des Internationalen Gerichtshofs übermittelt wird. Die im Verzeichnis eingetragenen Personen, einschließlich der zur zeitweiligen Stellvertretung berufenen, werden für fünf Jahre ernannt; die Ernennung kann erneuert werden. Nach Ablauf der Zeit, für welche die Personen ernannt worden sind, nehmen diese weiterhin die Aufgaben wahr, für die sie nach den folgenden Absätzen ausgewählt wurden.

    (2) Ist nach Artikel 66 Absatz 2 Buchstabe f eine Notifikation vorgenommen oder nach Absatz 3 Einvernehmen über das Verfahren in diesem Anhang erzielt worden, so wird die Streitigkeit einem Schiedsgericht vorgelegt. Ist nach Artikel 66 Absatz 4 ein Antrag beim Generalsekretär gestellt worden, so legt dieser die Streitigkeit einer Vergleichskommission vor. Das Schiedsgericht und die Vergleichskommission setzen sich wie folgt zusammen:

    Die Staaten, die internationalen Organisationen beziehungsweise die Staaten und Organisationen, die eine der Streitparteien bilden, bestellen einvernehmlich

    a) einen Schiedsrichter beziehungsweise einen Vermittler, der aus dem in Absatz 1 genannten Verzeichnis ausgewählt werden kann, sowie

    b) einen Schiedsrichter beziehungsweise einen Vermittler, der unter den in das Verzeichnis aufgenommenen auszuwählen ist und nicht die Staatsangehörigkeit eines der Staaten besitzt oder durch eine der Organisationen ernannt worden ist, welche diese Streitpartei bilden; dabei darf eine Streitigkeit zwischen zwei internationalen Organisationen nicht durch Staatsangehörige eines und desselben Staates geprüft werden.

    Die Staaten, die internationalen Organisationen beziehungsweise die Staaten und internationalen Organisationen, welche die andere Streitpartei bilden, bestellen in derselben Weise zwei Schiedsrichter beziehungsweise zwei Vermittler. Die vier von den Parteien ausgewählten Personen sind innerhalb von sechzig Tagen zu bestellen, nachdem die Notifikation nach Artikel 66 Absatz 2 Buchstabe f bei der anderen Streitpartei eingegangen ist oder nachdem das Einvernehmen über das Verfahren in diesem Anhang nach Absatz 3 erzielt worden ist oder nachdem der Vergleichsantrag beim Generalsekretär eingegangen ist.

    Die vier so ausgewählten Personen bestellen innerhalb von sechzig Tagen, nachdem die letzte von ihnen bestellt wurde, aus dem Verzeichnis einen fünften Schiedsrichter beziehungsweise Vermittler zum Vorsitzenden.

    Wird der Vorsitzende oder ein Schiedsrichter beziehungsweise Vermittler nicht innerhalb der oben hierfür vorgeschriebenen Frist bestellt, so wird er innerhalb von sechzig Tagen nach Ablauf der genannten Frist vom Generalsekretär der Vereinten Nationen bestellt. Der Generalsekretär kann eine der im Verzeichnis eingetragenen Personen oder ein Mitglied der Völkerrechtskommission zum Vorsitzenden ernennen. Sämtliche Fristen, innerhalb deren die Bestellungen vorzunehmen sind, können durch Vereinbarung zwischen den Streitparteien verlängert werden. Sind die Vereinten Nationen Streitpartei oder gehören sie einer der Streitparteien an, so übermittelt der Generalsekretär den oben genannten Antrag dem Präsidenten des Internationalen Gerichtshofs, der die dem Generalsekretär nach diesem Unterabsatz übertragenen Aufgaben erfüllt.

    Wird die Stelle eines Schiedsrichters oder Vermittlers frei, so ist sie nach dem für die ursprüngliche Bestellung vorgeschriebenen Verfahren zu besetzen.

    Die in den Absätzen 1 und 2 vorgesehene Bestellung der Schiedsrichter oder Vermittler durch eine internationale Organisation bestimmt sich nach den Vorschriften dieser Organisation.

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  • II. Arbeitsweise des Schiedsgerichts

    (3) Sofern die Streitparteien nichts anderes vereinbaren, beschließt das Schiedsgericht sein Verfahren, das sicherstellt, daß jede Streitpartei ausreichend Gelegenheit erhält, gehört zu werden und sich zur Sache zu äußern.

    (4) Mit Zustimmung der Streitparteien kann das Schiedsgericht jeden interessierten Staat oder jede interessierte internationale Organisation einladen, ihm ihre Ansichten schriftlich oder mündlich darzulegen.

    (5) Entscheidungen des Schiedsgerichts bedürfen der Mehrheit der Mitglieder. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

    (6) Erscheint eine der Streitparteien nicht vor dem Gericht oder verzichtet sie darauf, sich zur Sache zu äußern, so kann die andere Partei das Gericht ersuchen, das Verfahren fortzusetzen und seinen Spruch zu fällen. Bevor das Gericht seinen Spruch fällt, muß es sich nicht nur vergewissern, daß es für die Streitigkeit zuständig ist, sondern auch, daß der Anspruch tatsächlich und rechtlich begründet ist.

    (7) Der Spruch des Schiedsgerichts hat sich auf den Streitgegenstand zu beschränken und ist zu begründen. Jedes Mitglied des Gerichts kann dem Spruch eine Darlegung seiner persönlichen Ansicht (separate opinion) oder seiner abweichenden Ansicht (dissenting opinion) beifügen.

    (8) Der Spruch ist endgültig und unterliegt keinem Rechtsmittel. Er wird von allen Streitparteien erfüllt.

    (9) Der Generalsekretär gewährt dem Gericht jede Unterstützung und stellt ihm alle Einrichtungen zur Verfügung, deren es bedarf. Die Kosten des Gerichts werden von den Vereinten Nationen getragen.

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  • III. Arbeitsweise der Vergleichskommission

    (10) Die Vergleichskommission beschließt ihr Verfahren. Mit Zustimmung der Streitparteien kann die Kommission jede Vertragspartei einladen, ihr ihre Ansichten schriftlich oder mündlich darzulegen. Entscheidungen und Empfehlungen der Kommission bedürfen der Mehrheit der fünf Mitglieder.

    (11) Die Kommission kann den Streitparteien Maßnahmen aufzeigen, die eine gütliche Beilegung erleichtern könnten.

    (12) Die Kommission hört die Parteien, prüft die Ansprüche und Einwendungen und macht den Parteien Vorschläge mit dem Ziel einer gütlichen Beilegung der Streitigkeit.

    (13) Die Kommission erstattet innerhalb von zwölf Monaten nach ihrer Einsetzung Bericht. Der Bericht wird an den Generalsekretär gerichtet und den Streitparteien übermittelt. Der Bericht der Kommission, einschließlich der darin niedergelegten Schlußfolgerungen über Tatsachen oder in Rechtsfragen, bindet die Parteien nicht und hat nur den Charakter von Empfehlungen, die den Parteien zur Prüfung vorgelegt werden, um eine gütliche Beilegung der Streitigkeit zu erleichtern.

    (14) Der Generalsekretär gewährt der Kommission jede Unterstützung und stellt ihr alle Einrichtungen zur Verfügung, deren sie bedarf. Die Kosten der Kommission werden von den Vereinten Nationen getragen.

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